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Chronik der Gehörlosenbildung Nürnberg

bis 1831:

Taubstumme Kinder werden in auswärtigen Anstalten (z.B. Ansbach) oder (wie meinsten) gar nicht unterrichtet.

1831:

Johann Michael Schmidt (Lehrer an der Hallerschen Armenschule) gibt freiwillig Privatunterricht an taubstumme Kinder. Die Ausbildung für diese Arbeit hat er bei Johann Baptist Graser in Bayreuth bekommen.

Der Magistrat beschließt auf Antrag des Königlichen Schulinspektors, Pfarrer Lösch, die Errichtung einer städtischen Taubstummenschule. Das Collegium der Gemeindebevollmächtigen stimmte zu. Die Königliche Regierung genehmigte den Antrag.

1832:

Eröffnung der Taubstummenschule mit neun Schülern und ein Lehrer (Johann Michael Schmidt): Unterrichtzeit: täglich zwei Stunden, später vier Stunden besonderer Unterricht, in der übrigen Zeit Teilnahme am Unterricht der hörenden Schüler in der Hallerschen Armenschule. Schulräume: ein Zimmer und ein Kammer mit Vorplatz im zweiten Stock der ehemaligen Herrentrinkstube in der Winklerstrasse.

1837:

Nach dem Tod von Lehrer Schmidt übernahm Lehrer Völkel den Unterricht bei den taubstummen Kindern, ebenfalls im Nebenamt bei 200 Gulden Dienstgehalt.

1843:

Erstes Stiftungskapital für die Taubstummenschule durch ein Legat des verstorbenen Kaufmanns J. F. Knauer im Betrag von 5000 Gulden. Im folgenden weitere mildtätige Stiftungen für die Schule (Kaufmann Wilhelm Cramer mit 5000 Gulden u. a.). Dadurch wurde es möglich, mehr Schüler aufzunehmen und einen Gehilfen einzustellen: Hilfslehrer Binder. Die Taubstummen bekamen endlich Vollzeitunterrricht: vormittags von acht bis elf Uhr, nachmittags von 14 bis 16 Uhr. Sie hatten einen eigenen Lehrplan.

bis 1848:

Die Schülerzahl nimmt ab: ein Werktagsschüler und zwei Sonntagsschüler

1848:

Antrag der Königlichen Schulkommission auf:

1. Rückführung der Taubstummenschule auf den Stand vor 1844.

2. Auflösung der Hilfslehrerstelle des Gehilfen Binder.

3. Schließung des bisherigen Schullokals und Überführung der Schule in das Haus und die Schule von Lehrer Völkel. Die bisherige Unterrrichtsstätte in der ehemaligen Herrentrinkstube sollte der Schule für später vorbehalten bleiben.

4. Verwendung des Stiftungskapitals: jährlich 300 Gulden zu admassieren und 312 Gulden für den Unterhalt der Schule zu bewilligen.

Der Antrag wurde genehmigt und ausgeführt.

1849:

Erwähnung der Taubstummenschule in der Statistik über die deutschen Schulen in der Stadt Nürnberg:

Taubstummenschule: 1 Curs (Klasse) mit sechs Werkstagsschülern und ein Sonntagsschüler unter Lehrer Völkel.

Ausschreibung von Freiplätzen für taubstumme Schüler im Königlichen Centralinstitut zu München durch die Kreisregierung von Mittelfranken.

1863:

Vermehrung der Schülerzahl - Unterrichtsauftrag an den Gehilfen Rosenbauer. Lehrer Völkel und Gehilfe Rosenbauer unterrichteten im Nebenamt.

1866:

Weitere Vermehrung der Schülerzahl: zehn Schüler. Sie erhielten 22 Wochenstunden Unterricht. Schulgeld: 30 Kreuzer monatlich.

1868:

Die Schülerzahl wuchs auf 16 Schüler an.

1870:

Weitere Vermehrung der Schülerzahl auf 16 Knaben und sieben Mädchen.

1871:

Erhöhung des Schulgeldes auf ein Gulden monatlich. Bezüger der Lehrer: Lehrer Völkel - 400 Gulden, Lehrer Rosenbauer 300 Gulden.

bis 1873:

Die Taubstummenschule war keine öffentliche Schule, sondern eine Privat- und Stiftungsanstalt.

1873:

Antrags des Magistrats an die Königliche Kreisregierung auf Umwandlung der Schule in eine öffentliche Volksschule.

Entschließung der Königlichen Kreisregierung von Mittelfranken auf Anerkennung der Nürnberger Taubstummenschule als Öffentliche Volksschule im Sinne des Schuldotionsgesetzes v0m 1861.

1874:

Hohe Entschließung des Königlichen Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten: Der Magistrat der Stadt Nürnberg erhielt das Präsentationsrecht für die Lehrerstellen an der Taubstummenschule.

In der gleichen Entschließung: Erklärung der Schule zu einer gemischt konfessionellen Anstalt.

1875:

Endlich wurde ein hauptamtlicher Taubstummenlehrer an der Schule berufen: Max Koller. Er blieb fünf Jahre an der Schule und folgt dann einem Ruff nach München als Inspektor an der Kgl. Central-Taubstummen-Institut dort. Die Lehrer Völkel und Rosenbauer unterrichteten weiter im Nebenamt.

Übertragung der Inspektion dieser Schule an Lehrer Völkel durch hohe Regierungsentschließung. Die Überwachung des Religionsunterrichts wurde dem städtischen Schulreferenten (Stadtpfarrer Stegen) zugewiesen.

Einführung des Zeichenunterrichts (wöchentliche 3 Stunden) durch einen Magistratsbeschluß.

1876:

Einführung des Turnunterrichts an der Schule.

Errichtung einer Fortbildungsschule für die aus der Werktagsschule entlassenen Schüler mit Genehmigung der Königlichen Regierung.

1880:

Tod des Lehrers und Inspektors Völkel - Fortgang des Lehrers Max Koller.

Überlegung zur Umorganisation der Schule: Abkehr vom Fachlehrersystem, Aufteilung der Schule in zwei Klassen mit je ein hauptamtlichen Lehrer (statt bisher 3, also 2 Lehrer)

Genehmigung des obigen Vorschläges durch die Königliche Regierung. Übertragung der Inspektion an den Königlichen Stadtpfarrer Michahelles (er war schon Inspektor der protestantischen Stadtschule). Bewerber um die beiden Lehrerstellen: die beiden protestantischen Lehrer Rosenbauer und Hahn.

Ernennung der Lehrers Hahn. Lehrer Rosenbauer wollte die Stelle nur antreten, wenn er, wie früher sein Kollege Völkel, auch die Inspektorstell bekommt. Der Magistrat lehnte ab. Rosenbauer trat als Bewerber zurück.

 

1881:

Der katholische Lehrer Rigauer bewarb sich um die zweite Stelle. Bestätigung des Lehrers Rigauer durch die hohe Entschließung der Königlichen Regierung. Aufteilung der Schule in zwei Klassen:

Lehrer Rigauer - Jahrgang 1-3 und katholischer Religionsunterricht, Lehrer Hahn - Jahrgang 4 - 7 und protestantischer Religionsunterricht.

1883:

Beschluß des Magistrats: Aufhebung des Schulgeldes auch für die Taubstummenschule. Nur Kinder außerhalb von Nürnberg zahlten jährlich sechs Reichsmark.

1888:

Erweiterung der Schülerzahl. Errichtung einer dritten Lehrerstelle. Übernahme des Lehrers Zimmerer von der Seminartaubstummenanstalt Altdorf (damals Kgl. Kreistaubstummenanstalt für Mittelfranken) an der Nürnberger Schule.

1892:

Übernahme des Lehrers Scherzer aus dem Nürnberger Volksschuldienst.

1893:

Übertragung der Inspektion der Schule an den städtischen Schulreferenten und Schulrat, Professor Glauning.

Gehalt der Lehrer: 400 bzw 600 Reichsmark zusätzlich zum normalen Volksschullehrergehalt.

1893/94:

Stand der Schule: 4 Lehrer, 4 Klassen mit sieben Schuljahrgängen, insgesamt 43 Schüler (24 Knaben, 19 Mädchen). Davon waren 32 protestantisch, 9 katholisch und 2 israelitisch. Von der Gesamtzahl waren 30 Schüler aus Nürnberg und 13 von auswärts.

1898:

Antrag des Landrates von Mittelfranken an die Königliche Regierung zur Errichtung einer Kreistaubstummenanstalt für Mittelfranken. Im folgenden statistische Erhebungen zur Vorbereitung des Projektes. Überlegungen zur Errichtung einer weiteren Anstalt: einer Versorgungsanstalt für schulentlassene Taubstumme. Aus Geldmangel wurde der Bau einer solchen abgelehnt.

Beschluß des Landrates auf Planung und Errichtung einer Kreistaubstummenanstalt für Mittelfranken.

1900:

Besichtigung der Taubstummenanstalten Würzburg, Regensburg und München durch den Landratsausschuß den Sachreferenten der Königlichen Regierung, den Kreismedizinalrat und Kreisbaurat.

Dabei informierte der Königliche Universitätsprofessor Hofrat Dr. Bezold in München die Kommision über seine Untersuchungen bei taubstummen Kindern über ihre Gehörreste. Folgerungen: Trennung von tauben und resthörigen Kindern. Forderung: Taubstummenlehrer brauchen wissenschaftliche Ausbildung mit Prüfung.

Kreisbaurat Kremer wurde zur weiteren Arbeit ermächtigt. Suche nach einem Standort und geeigneten Bauplatz.

1901:

Ausschreibung der Königlichen Regierung an alle Gemeinden im Regierungsbezirk zur Überlassung von Grundstücken. Nur größere Orte sollten berücksichtigt werden. Es kamen viele Angebote, z.B. Nürnberg, Fürth, Erlangen, Eichstätt, Altdorf, Rothenburg. Besichtung aller Orte durch den Landratsausschuß. Der Ausschuß empfahl dem Landrat Erlangen oder Nürnberg.

Der Landrat entschied sich mit großer Mehrheit für den Standort Nürnberg. Er beauftragte den Ausschuß zur Vorlage eines Detailsprojekts.

1902:

Notarielle Verbriefung der Grundabtretung. Besichtung der Taubstummenanstalten Frankfurt/M, Halle/Saale, Weißenfels und Leipzig.

Kreisbaurat Förster übernahm die Planung und Leitung des Projekts. Sein endgültiger Bauplan wurde vom Landrat genehmigt. Die Baukosten von 650 000 Reichsmark werden genehmigt und bei der Königlichen Versicherungsanstalt für Mittelfranken aufgenommen.

1903:

Ausschreibung der Erd-, Maurer- und Steinhauerarbeiten und übrigen Arbeiten. Beschluß auf Errichtung einer Niederdruckdampfheizung. Ausführung aller Außenarbeiten, einschließlich Dachstuhl.

1903/04:

Ausschreibung und Ausführung aller Innenarbeiten.

1. September 1904:

Feierliche Anstaltseröffnung durch den Regierungspräsidenten Freiherrn von Welser. Übergabe der Anstalt an den neuen Leiter, bisherigen Lehrer Zimmerer. Während dieser Feier des Ritterkreuzes des Verdienstordens der Bayerischen Krone an den Präsidenten des Landrates, Herrn Universitätsprofessor Dr. von Eheberg. Dankesworte der Kreisregierung durch Dr. von Eheberg. Grußworte des Bürgermeisters von Jäger. Bericht über die Baugeschichte und -ausführung durch Baurat Förster. Vortrag über die Taubstummenbildung durch den Anstaltvorstand Zimmerer mit anschließend Hoch auf den Prinzregenten. Alle Eröffnungsgäste erhielten ein künstlerisch gestaltetes Schmuckblatt als Erinnerung.

bis Dezember 1904:

Fertigstellung der Gesamtausstattung. Die Baustil von neuer Kreistaubstummenanstalt zeigt Jugendstil bis heute.

Sommer 1905:

(Peyerstrasse, heute Pestalozzistrasse)

Das Haus war fertiggestellt. Die Kosten lagen um 25 000 Reichsmark niedriger als im Finanzierungsplan.

1906:

Zur ersten Abschlußfeier im neuen Haus versammelten sich 6 Lehrkräfte und 50 Schüler/innen aus 4 Taubenklassen und 1 Hörklasse.

1912:

Seit 1912 verfügte die Nürnberger Taubstummenanstalt als erste derartige Einrichtung Deutschlands über eine Anstaltszeitung, die in der hauseigenen Druckerei hergestellt wurde.

1914 bis 1918:

Schließung der Anstalt. Sie diente als Reserevelazarett.

bis 1918:

Rückgang der Schülerzahl von 140 im Jahr 1913 auf 110. Rückgang der Lehrerzahl von 10 auf 6.

1918:

Abnahme des Titels "Kgl" aus der Kreistaubstummenanstalt.

 

 

ab 1918:

Neuanfang unter Direktors Otto Schmidt. Errichtung eines Jungmädchenheims.

1925:

Errichtung einer neuen Höranlage durch Lehrer Zwanziger.Die erste bayerische „Vielhöreranlage“ für Schüler mit Hörresten wurden installiert.

In den zwanziger Jahren hielt die moderne Technik Einzug in die Taubstummenanstalt: Es wurde ein Anstaltskino eingerichtet

1930:

25 Jahrfeier zur Errichtung des Schulgebäudes. Stand der Schule: 12 Lehrer, 1 Direktor, 2 Erzieherinnen und 11 Angestellte im Personal (Pförtner, Köchin, Schreiner u. a.) - 106 Schüler in 10 Taubenklassen und 1 Hörklasse.

ab 1933:

Die Schülerzahl nahm während der Hitlerdiktatur ab. Rückgang auf 78 Schüler - trotzdem Fortführung der Arbeit.

1935:

Auflösung der Kreistaubstummenanstalt Regensburg- im Zusammenhang damit Neuordnung der Einzugsgebiete für die Schulen Straubing, Nürnberg und Zell.

Umbennung der Schulbezeichung von der Kreistaubstummenanstalt zu der Kreisgehörlosenschule mit Heim

1939 bis 1945:

Schließung der Schule. Belegung durch die Deutsche Wehrmacht. Errichtung einer Tagesschule im Schweinauer Schulhaus. Betreuung der übrigen Schüler in den Schulen Zell, Dillingen, Bamberg, Bayreuth und im Kloster St. Ludwig bei Schweinfurt.

1945:

Einmarsch der Amerikaner in Nürnberg am Ende des 2. Weltkriegs. Beschuß der Schule vom Westfriedhof aus durch Granatwerfer. Der Schaden blieb im Grenzen.

Sept 1945:

Erteilung der Unterrichtserlaubnis (nach langwierigen Verhandlungen) durch die amerikanische Militärregierung - Wiederaufnahme des Unterrichts unter der Leitung von Lehrer Wilking und Direktor Christian Fischer.

1947:

Die Schule bekam alte Schulbezeichnung wie vor 1938 wieder: Kreistaubstummenanstalt.

1956:

Eröffnung einer schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) mit 35 Kindern im Alter von 4 - 6 Jahren. Die Hälfte der Buben und Mädchen war im Internat untergebracht währen der Woche. Personal: 1 Taubstummenoberlehrer, 2 Heilpädagogische Unterrichtshilfen und 4 Erzieherinnen.

1957:

Einführung der 9-jährigen Schulpflicht für gehörlose Kinder.

Neben den Unterrichtsfächern müssen die taubstummen Schüler nicht nur die Gebärdensprache, sondern vor allem das Ablesen der Worte vom Mund des Gesprächspartners erlernen.

1961:

Umbau des Internats: An Stelle von 2 Gruppen mit je 40 - 50 Kindern werden die räumlichen Voraussetzungen für die Bildung von 5 Wohngemeinschaften geschaffen.15 Erzieherinnen betreuten je ca 14 Kinder annähernd gleicher Sprachentwicklungsstufe. So wurde im Unterricht angebahnte Sprache durch Anwendun und Übung in der natürlichen Sprachsituation des Zusammenleben zum geläufigen Ausdrucks- und Verständigungsmittel.

1965:

Übernahme der Schulleitung durch Direktor Hermann Apitzsch.

1966:

Errichtung einer Pädo-audiologischen Beratungsstelle mit Hausspracherziehung. Personal: 1 Taubstummenoberlehrer als Leiter, 3 Heilpädagogische Unterrichtshilfen und 1 Verwaltungsangestellte.

1967:

Genehmigung zur Bildung von Schwerhörigenklassen durch den Schulträger, den Bezirk Mittelfranke. Übernahme der Personalkosten durch das Land Bayern. Statistische Untersuchungen: etwa 0,1 % aller volksschulpflichtigen Kinder waren schwerhörig, 0,08 % waren gehörlos oder hochgradig schwerhörig.

1969:

Einführung des 10. Schuljahres für die gehörlosen und hochgradig schwerhörigen Kinder.

1970:

Errichtung einer selbstständigen Nordbayerischen Berufsschule für Gehörlose, Einzugsberich: Unter-, Mittel- und Oberfranken und Oberpfalz.

1980:

Feierliche Einweihung der Erweiterungsbauten.

 

es kommen noch mehr.

(Quelle: 150 Jahre Gehörlosenbildung in Nürnberg, 1982)

 

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